Der Wissenschaftler

Auf Wöhler folgte für die organische Chemie in Göttingen eine kürzere Periode, die durch Hans Hübner und Victor Meyer geprägt war. Sie beide hatten sich vornehmlich und frühzeitig einem Gebiet verschrieben, das an den Universitäten und als Basis einer rasch aufblühenden Industrie bald größte Bedeutung erlangte. Dies war die Chemie der neuen Stoffe aus dem Teer. Man war von den Reaktionen und den Verwendungsmöglichkeiten dieser Verbindungen derart begeistert, dass man sie trotz der zumeist unangenehmen Geruchswirkungen wohlwollend als Aromaten bezeichnete. Die „Aromatenchemie“ hatte 1865 mit der Formulierung der Benzolformel durch Kekulé und nachfolgende Synthesen wichtiger Farbstoffe vehementen Auftrieb erhalten.


Hübner stammte aus Düsseldorf. Er studierte bei Wöhler in Göttingen, bei Bunsen in Heidelberg und war Assistent bei Kekulé in Gent, bevor er sich 1862, gerade 25 Jahre alt, in Göttingen für das Fach Chemie habilitierte. Unter dem Einfluss der Benzoltheorie führte Hübner umfassende Untersuchungen über Substitutionen am Benzol sowieso zur Struktur und Isomerie der resultierenden Produkte durch. An einer dieser experimentell anspruchsvollen Arbeiten beteiligte sich auch der junge Doktorand und spätere Nobelpreisträger Otto Wallach.
Außerdem war Hübner durch seine Vorlesungen sowie als Betreuer der Praktika beliebt und anerkannt.

Künstlerische & naturwissenschaftliche Begabung – die Aufzeichnungen von Hans Hübner

Er liebte die Wissensvermittlung und war stets gut vorvereitet, was seine Aufzeichnungen belegen. Diese zeigen gerade in den Skizzen auch seine künstlerische Begabung, Zusammenhänge graphisch darzustellen.

Wöhler überließ ihm ab 1874 alle seine Vorlesungen, veranlasste seine Ernennung zum Ordinarius und machte ihn zum zweiten Institutsdirektor. Nach dem Tode Wöhlers 1882 wurde Hübner verantwortlicher Institutsdirektor. Tragischerweise starb Hübner bereits zwei Jahre später, womit die erfolgreiche Arbeit eines vielseitigen und verantwortungsvollen Wissenschaftlers allzu früh endete.